Die Gründungsjahre
Am Ende des 1. Weltkriegs 1918 kehrten die Kavalleristen mit Ihren Eidgenossen zurück nach Hause. Es war allgemein klar, dass Reittraining nötig war, um «allzeit bereit» zu bleiben, auch nach der Kriegszeit. So kam es, dass die vier begeisterten Reiter Karl Buhofer und Fritz Holliger aus Boniswil, sowie Jakob Lindenmann aus Fahrwangen und Ernst Sandmeier aus Seengen noch im selben Jahr einen entsprechenden Verein gründeten – den Kavallerieverein Hallwil. Schnell wuchs der Verein und 1924 wurden die ersten Statuten festgelegt: «Der Kavallerieverein bezweckt die Ausbildung der Kavalleristen ausser Dienst, besonders das Reiten, sowie die Pflege des kameradschaftlichen Geistes».
Es gab noch keine weiteren Vereine in der näheren Umgebung, womit einzelne Reiter, z.B. aus Dintikon, bis zum Sammelplatz für die Übungen, z.B. in Boniswil, rund zwei Stunden zu reiten hatten. Damals gab es ja noch keine anderen Transportmöglichkeiten und alle Reitübungen waren obligatorisch.
Schon 1923 wurde die erste Springkonkurrenz auf dem Musterplatz in Seengen durchgeführt (natürlich in einem viel kleineren Rahmen als heute) und seit da bis 1973 alle ungeraden Jahre wieder. Schauplatz für die Springkonkurrenz wurde auch einmal ein Feld östlich des Schloss Hallwyl, dann wurde sie sogar zweimal auf dem Eichberg ausgetragen. Ab 1943 fand sie dann im Schlosspark statt.
Die Reithalle beim Bären
1967 konnte durch eine eigens dafür von Jakob Bärchtold geründete Genossenschaft eine Reithalle beim Bären in Seengen erbaut werden, nachdem die Kavalleristen sämtliche Reitübungen entweder im Freien oder zu Gast beim Handelsstall Hauri durchgeführt hatten. Zum 50. Jubiläum des Kavallerieverein Hallwil 1968 entstand dann auch unser heutiger Trainingsplatz im Schlattwald.
Das Vereinsleben war bunt und fröhlich – von Tagesritten bis hin zu Schlittenfahrten, die Pferde von früher waren Allrounder. Ohne Pferd gab es auch Vereinsreisen an verschiedene Veranstaltungen wie Pferderennen oder Schiessanlässe. Ausserdem wurde auch fleissig bei Anlässen von mittlerweile entstandenen umliegenden Reitvereinen teilgenommen. So kam es 1957 dazu, dass mit einer entsprechenden Statutenänderung der Name von Kavallerieverein in Kavallerie- und Reitverein Hallwil geändert wurde.
Die Abschaffung der Kavallerie
1972 beschoss die vereinigte Bundesversammlung dann, die Kavallerie abzuschaffen. Die bislang obligatorischen Übungen waren nicht mehr, Kavalleristen mussten keinem Verein mehr angehören. Um das fortbestehen des Vereins zu sichern, wurde er für Privatpersonen – und somit auch für Reiterinnen – geöffnet. So kam auch die nächste Namensänderung in das heutige «Reitverein Hallwil»
Ein Jahr später fand die letzte Springkonkurrenz im Schlosspark statt, da eine grosse Grabstätte errichtet werden sollte. Ausserdem waren die ersten Konkurrenten mit Viehtransportern unterwegs, weshalb man sich auch wegen den begrenzten Parkmöglichkeiten nach einer neuen Lokalität umschauen musste. So kam es, dass ab 1974 bis 1986 jährlich eine Springkonkurrenz im Springgarten im Schlatt veranstaltet wurde.
Reithalle Binzenholz
Für die Reithalle in Seengen bestand ein 20-jähriger Pachtvertrag, der 1987 auszulaufen drohte. Leider konnte die Halle dort nicht bleiben, weshalb man 1986 beschloss, die ganze Halle abzubauen und an einem neuen Ort wiederaufzubauen. Erste Wahl wäre gewesen, die Halle neben dem Springgarten im Schlatt wiederaufzubauen, was leider wegen dem 1972 in Kraft getretenen Raumplanungsgesetz nicht möglich war. Im Binzenholz auf dem Areal der Firma Hauri Kiesgruben AG wurde man schliesslich fündig und man stellte die Reithalle dort auf, wo sie heute noch steht. Seit dem Halleneinweihungsconcours mit Springplatz auf dem angrenzenden Feld im Jahre 1987 findet die Springkonkurrenz Seon jährlich auf dieser Anlage statt.
2006 beschloss die damals vor rund 40 Jahren gegründete Genossenschaft Reithalle Seengen die Reithalle dem Reitverein zu übergeben und die Genossenschaft zu liquidieren. Sämtliche 67 Genossenschafter verzichten auf Ihre Anteilsscheine zu Gunsten des Reitvereins. 2007 beschloss der Reitverein Hallwil offiziell die Reithalle zu übernehmen und war somit fortan Besitzer der Halle.
Mit einer grosszügigen Spendenaktion von Willi Rey und Heinz Buhofer sowie vielen weiteren Vereinsmitgliedern und Gönnern des Reitvereins Hallwil wurde es im Jahre 2012 auch noch möglich, das Land auf dem die Reithalle steht von der Hauri Kiesgruben AG abzukaufen. Eine genaue Auflistung der Gönner ist im Foyer der Reithalle zu finden, verewigt in einem Bild aus Hufeisen. Somit ist der Reitverein Hallwil seit da an im Besitz der ganzen Anlage.
Im Jahre 2018 zählt der Reitverein Hallwil 23 Aktiv- und 18 Juniorenmitglieder, 66 Ehren- und Freimitglieder und nochmals 66 Passivmitglieder, geleitet von einem Vorstand aus sieben weiteren Mitgliedern. Zu diesen sieben zählt unter anderem auch die erste Präsidentin des Reitverein Hallwils, Nicole Thill aus Boniswil.
Überragende Erfolge
Über die Jahre hinweg gab es durchaus immer wieder herausragende Sportler aus dem Reitverein Hallwil; so hat zum Beispiel Gustav Fischer mit seinem Pferd «Wald» 1960 an den Olympischen Spielen in Rom sogar die Silbermedaille in der Einzeldressur gewonnen. Max Hauri aus Seon war 1964 an den Spielen in Tokyo wie auch 1972 in München erfolgreich in den Disziplinen Springen und Military gestartet, 1984 schaffte es Heidi Hauri (damals Robbiani) an den Olympischen Spielen in Los Angeles sogar aufs Podest - mit Ihrer Stute Jessica holte sie Bronze (s. auch: http://www.pferdewoche.ch/news/ausgaben/article/nur-meine-jessica-war-unverkaeuflich/).
1994 wurde Markus Hauri, Sohn von Max Hauri, Europameister mit der Juniorenmannschaft im Springen, vier Jahre später holte sein Bruder Thomas den Europameistertitel mit der Mannschaft der Jungen Reiter, ebenfalls im Springen.
Auch die «junge» Generation ist bereits erfolgreich, so wurde Chantal Müller aus Veltheim mit U Tabasca Europameisterin mit der Mannschaft der Jungen Reiter im Springen 2015. Nur ein Jahr später wurde Kerstin Häusermann aus Egliswil mit Magdalena Schweizermeisterin im Military. All das sind nur einzelne Höhepunkte, es gab für den Reitverein Hallwil in den letzten 100 Jahren noch weitere Erfolge zu verzeichnen, leider würde die Liste hier zu lang.
Blick in die Vergangenheit und die Zukunft
Das war ein Blick zurück anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Reitvereins Hallwil. Ein Blick in die Zukunft können wir heute leider (noch?) nicht werfen, weshalb wir uns einen passenden Spruch in Erinnerung rufen. Dieser Spruch sei früher auf den Einladungskarten zu den obligatorischen Übungen gestanden, überliefert im Bericht von Max Lüscher, Retterswil zum 50. Jubiläum des Kavallerie- und Reitvereins Hallwil. Möge er auch noch heute und in Zukunft gelten:
Aufs Pferd Kameraden, die Zügel zur Hand
Wir reiten selbander durchs herrliche Land
Wir reiten durch Felder und Auen dahin
Wir reiten, denn reiten mach frei unsern Sinn.
Quelle erste 50 Jahre: Bericht zum 50. Jubiläum des Kavallerie- und Reitverein Hallwil 1968, verfasst von Max Lüscher, Retterswil; Quelle ab 50. Jubiläum bis heute: Bericht und Erzählungen von Otto Lüscher, Retterswil; Text von Tina Haller, Boniswil. Bilder aus dem Archiv des Reitverein Hallwil